Wenn der Reiseleiter vom Reisen erzählt

Als Reiseleiter für sz-Reisen und auch privat durfte ich den Südwesten der USA schon mehrfach besuchen. 2022 ergab sich eine weitere Möglichkeit, diese wundervolle Gegend kennenzulernen. Die Universität New Mexico hat mich als Lehrer für das Deutsche Sommercamp in dem kleinen Ort Kingston engagiert. Mein Thema: natürlich das Reisen.

Ich habe im Jahr 2019 dort ein Probeseminar gehalten. Das Thema damals war „Grenzen und Grenzerfahrungen“ – ein Thema, zu dem ich als Reiseleiter und als Ostdeutscher gleich aus mehreren Blickwinkeln etwas erzählen konnte. Das Probeseminar kam gut an und nachdem 2022 nach der Corona-Sperrzeit wieder ein Sommercamp stattfand, wurde ich als Lehrer für zwei Wochen engagiert und durfte für eine Gruppe Anfänger und eine Gruppe Fortgeschrittene jeweils acht Seminare halten.

Die Camps

Das Camp fand in Kingston im tiefsten Süden von New Mexico statt. Das gesamte Anwesen umfasste das Haupthaus, einen Extra-Flügel, genannt West Wing, in dem ich mein Zimmer hatte, einen Schulungs- und Unterrichtsraum, eine Bühne und sehr viel Grün dazwischen. Im Zentrum der gesamten Anlage stand ein riesiger Maulbeerbaum, der seine Früchte großzügig verteilte, die dann wunderbare blaue Flecken auf Hosen und Röcke zauberten, wenn man sich draufsetzte.

Die Temperaturen betrugen tagsüber meist über 30 Grad, da war es willkommen, wenn der Unterricht auf der Freilichtbühne oder im Garten stattfand. In der Gruppe der Fortgeschrittenen habe ich über deutsche Reiseliteratur der vergangenen Jahrhunderte gesprochen, also über Goethe, Seume, Fontane bis zur Literatur der Gegenwart, aber auch über „erfundene“ Reisen, etwa am Beispiel von Karl May – schließlich habe ich ja auch Sachsen vertreten. Mit den Anfängern habe ich sprachlich eine Reise durch Deutschland gemacht, von Hamburg über Frankfurt, Köln und München nach Dresden, Leipzig, Berlin und wieder zurück nach Hamburg, wobei wir die verschiedenen Formen des Reisens und die Sehenswürdigkeiten und Spezialitäten der einzelnen Städte und Regionen besprochen haben.

Die Schüler

Die Schüler im Camp teilen sich in zwei Kategorien. Die einen möchten gern Germanistik studieren oder zu einem anderen Studium nach Deutschland kommen, wofür sie eine Prüfung am Goethe-Institut ablegen müssen, auf die sie mit dem Camp vorbereitet werden. Die andere Gruppe besteht aus Liebhabern der deutschen Sprache, meist schon Pensionäre, die ihr Deutsch verbessern möchten, weil sie z. B. Freunde in Deutschland haben. Und sie alle zahlen dafür, in der Sommerschule unterrichtet zu werden. Meine Schüler kamen dabei nicht nur aus den USA, sondern auch aus Kenia, Nigeria, China und Guatemala.

Im Camp wird man mit allem Lebensnotwendigen versorgt, wenn man jedoch besondere Wünsche hat oder einfach mal ein Bier trinken, dann muss man in den nächsten Supermarkt fahren. Dieser befindet sich 50 Kilometer von Kingston entfernt in einem Ort, dessen Name schon wie ein Spaß (oder eine Drohung) klingt.

Auf dem Weg zum Supermarkt sieht man auch mehrere dieser Verkehrsschilder, die offenbar in einer unbekannten asiatischen Sprache geschrieben sind. Erst bei längerem Nachdenken und wenn man die Liebe der US-Amerikaner zu Abkürzungen kennt deutet man das Ganze als: Pedestrians crossing, also einen Fußgängerüberweg.

Unterricht der Spaß macht

Wer glaubt, dass das Sommercamp eine trockene Angelegenheit ist, der liegt völlig falsch. Der Unterricht basiert auf dem Grundsatz, dass das Lernen Spaß machen soll. Die ungezwungene Atmosphäre, der Unterricht an der frischen Luft, das alles wirkt eher wie eine Klassenfahrt, nicht wie öder Schulunterricht Auch für Nervenkitzel ist gesorgt: abends werden auf der Freilichtbühne Filme gezeigt. Anschließend sollte man nicht allzu spät abends noch auf dem Gelände spazieren gehen – dann nämlich sieht sich dort regelmäßig eine Horde Javelinas um, eine amerikanische Art Wildschwein, das man sich lieber aus sicherer Entfernung anschaut.

Und der Südwesten der USA wird leider auch immer wieder von Buschbränden heimgesucht, so auch in diesem Jahr. Der Himmel über Kingston sah dann recht bedrohlich aus.

Dass im Aufenthaltsraum der Lodge solche Bücher als Gute-Nacht-Lektüre ausliegen, macht die ganze Angelegenheit nicht unbedingt beruhigender.

Aber die gut ausgearbeiteten Pläne für eine eventuelle Evakuierung mussten nicht umgesetzt werden und man konnte abends ein Runde Billard im Salon spielen. Der Chef der Lodge ist ein ehemaliger Musiker, offensichtlich gut vernetzt, und erzählte mir, der Billardtisch habe früher dem sogenannten Rat Pack in Las Vegas gehört, also Frank Sinatra, Sammy Davis Jr., Dean Martin und anderen. Und die Letzten, die an diesem Tisch gespielt haben, bevor er nach Kingston kam, waren Lady Gaga und Justin Bieber – also hat man auch sein Quantum Prominenten-Abglanz bekommen. Und letztlich beruhigt einen auch die Tatsache, dass in New Mexico sogar die Hydranten wie kleine Feuerwehrleute aussehen.

Abschied und Vorfreude

Meine zwei Wochen als Lehrer vergingen wie im Flug. Die Reaktion meiner Schüler hat dazu geführt, dass ich erneut als Lehrer eingeladen werden soll. Aber zuvor freue ich mich, wieder meine Lieblingstätigkeit ausüben zu können: als Reiseleiter für sz-Reisen unterwegs zu sein und meinen Reisegästen die schönsten Ecken dieser Welt zeigen zu können. Vielleicht auch im Südwesten der USA, sz-Reisen hat da einige spektakuläre Touren im Angebot. Und sowohl für die Tätigkeit als Lehrer wie auch für die als Reiseleiter gilt: eine gründliche Vorbereitung ist alles.

Vielleicht sehen wir uns ja auf einer dieser Reisen! Ich würde mich sehr freuen.

Mathias Ullmann


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